Hospitation in San Diego

Hospitation in der US Stadt SAN DIEGO

Die USA ist für mich ein beeindruckendes Land, welches ich bislang nur aus dem Fernsehen kannte. Ich hatte schon immer den Wunsch, einmal ein Jahr in einer Gastfamilie in den USA zu verbringen, wie man es unter dem bekannten „High School Year“ kennt. Nun bot sich mir durch die IPA die Möglichkeit berufliches und den lang gehegten Traum zu verwirklichen. Einen Ansprechpartner für die USA zu finden lief dank der IPA auch völlig unkompliziert ab. Ich hatte die Wahl zwischen Miami, New York und Kalifornien. Letztendlich fiel meine Wahl auf Kalifornien. Dort ging es in die sonnige Stadt San Diego, welche sich in unmittelbarer Nähe zur mexikanischen Grenze befindet. Einen passenden Termin zu finden war zunächst nicht einfach. Doch plötzlich ging alles Schlag auf Schlag. Innerhalb eines Monats habe ich die komplette USA Reise geplant. Mein erster Stopp in den Vereinigten Staaten waren drei private Tage in Chicago. Zum Abschluss verbrachte ich noch fünf Tage in New York. Durch diese Zwischenstopps konnte ich meine Kosten für den Flug in Grenzen halten, da ich in diesen Städten zwischenlanden musste.

Trotz des privaten Aufenthalts in Chicago zog es mich auch zu einer Polizeistation. In einem Police Department in der Nähe von Chinatown konnte ich nicht nur Abzeichen tauschen, sondern auch mir die Räumlichkeiten ansehen. Mir wurden Einblicke in die Büroräume und in den Zellenbereich gewährt. Im Gespräch mit den Officern wurde mir erklärt, dass es sich bei der Stadt Chicago um eine der gefährlichsten in den USA handelt. Dort kommt es jeden Tag zu einem Schusswechsel und auch die Mordrate ist sehr hoch. Zum Abschluss brachte mich ein Polizist mit seinem privaten Motorrad zu einem der höchsten Gebäude der Stadt. Vom obersten Stockwerk hatten wir somit einen ganz besonderen Panoramablick über Chicago.

Am nächsten Tag brachte mich ein vierstündiger Inlandsflug in die US Stadt San Diego. Hier wohnt meine Gastfamilie in einem schönen Haus unweit vom Strand entfernt.

Gastfamilie Ellington

Für die nächsten vier Wochen war das auch mein zu Hause. Zu Chicago gab es einen riesigen Temperaturunterschied. Plötzlich musste ich mich Ende Oktober wieder an über 30 Grad Celsius gewöhnen.

Der Empfang der Gastfamilie war sehr freundlich. Ich war sehr darüber überrascht, dass ich alles ohne Einschränkungen nutzen konnte.

Sheriff William D. Gore

Der Einsatzablaufplan für den Polizeidienst lief eher spontan ab. Ich konnte selbstständig entscheiden, was ich in der Polizei sehen möchte und wie viel Zeit ich dafür investiere. Somit war mir klar, dass ich so viel Zeit wie möglich in der Polizei verbringen will. Daher begann der erste Tag sportlich im Fitnessraum, weil sich mein Gastvater für einen Spendenlauf gegen Trunkenheit im Verkehr vorbereiten wollte. An diesem Lauf nahm ich u. a. auch ohne Wertung teil. Nach dem Training führte mich mein Gastvater durch die Räumlichkeiten seines Police Departments. Er ist ein Deputy Sheriff in der Drug Unit (Drogenfahndung). Nach einem Meeting mit Undercover Cops, welches als Absprache für einen geplanten, vorgetäuschten Drogendeal diente, durfte ich mit dabei sein, als ein Peilsender an einem Auto eines Drogendealer ausgetauscht wurde.
Am nächsten Tag begleitete ich wieder die Drug Unit. Ich war dabei, als einem Drogendealer nur das Geld vorgezeigt wurde, damit er am nächsten Tag die Drogen zum verabredeten Termin mitbringt. Dieses Verfahren wird als Flash Money bezeichnet.
Als Abschluss der ersten Woche nahm ich beim Einsatztraining „Eindringen in Räume“ und beim Einsatz vom CS-Gas teil. Dieses Training wird von Mitgliedern des SWAT Teams durchgeführt. Beim CS-Gas wurden uns die verschiedenen Funktionsmöglichkeiten vorgestellt und erklärt. Wir erhielten auch die Möglichkeit mit zwei verschiedenen Langwaffen die CS-Gaspatronen auf ein Haus zu schießen, in welches wir im Anschluss ohne Gasmaske gingen. So erfuhren wir die unterschiedlichen CS-Gasstärken am eigenen Leib.

Training mit SWAT CS-Gas angewendet

Nach drei Durchgängen mussten wir auch Pfeffergas einatmen, welches durch ein Gerät als Rauchwolke verströmt wurde. Von den körperlichen Reaktionen empfand ich das Pfeffergas als viel schlimmer. Im Allgemeinen sind beide Gase ein gutes Mittel um Störer aus einem Haus heraus zubekommen. Es birgt natürlich die Gefahr, dass ein Delinquenter sterben könnte, wenn z.B. das CS-Gas nicht richtig dosiert wird oder er länger als zwei Stunden dieses Gas einatmen würde. Falls ein Tatverdächtiger nach einem längeren Zeitraum nicht freiwillig aus der mit Gas besprühten Wohnung kommen würde, stürmen Einsatzkräfte mit Gasmaske die Wohnung und holen ihn mit Gewalt heraus.
Im Anschluss ging es zu einem Fahrsicherheitstraining woran ich auch teilnehmen durfte und den dortigen Hindernisparcours ausprobierte.
In der zweiten Woche erhielt ich einen Einblick in den Aufbau des dortigen Gerichts und konnte mit der Harbor Police (Wasserschutzpolizei) auf Streife gehen.

Harbor Police (Wasserschutzpolizei)

Weiterhin habe ich die Gang Unit begleitet. Diese Einheit ist mit viel Personal ausgestattet, da es aufgrund der Grenznähe zu Mexiko viele mexikanische Banden in und um San Diego gibt. So fahren die Mitglieder dieser Einheit grundsätzlich zu zweit Streife und kontrollieren ein Fahrzeug nur mit mehreren Personen. Die Anzahl der Kontrolleure richtet sich danach, wie viele Personen im Fahrzeug sitzen. Jede Person wird mit mindestens zwei Beamten kontrolliert. Dadurch kann es vorkommen, dass gleich acht Beamte ein mit vier Personen besetztes Fahrzeug kontrollieren. Diesen Luxus haben die anderen Polizeibereiche in und um San Diego aufgrund von Personalmangels nicht. An diesem Tag konnte die Gang Unit auch einen Erfolg verzeichnen, sie haben u.a. bei einer Person eine Pistole, „Glock“, gefunden und bei einer anderen Person die Droge „Crystal Meth“ (ca. 3 Gramm, was nur eine Ordnungswidrigkeit darstellt, da es sich hierbei um Eigenbedarf handelt).

Die zweite Woche endete für mich auch noch einmal aufregend. Zunächst konnte ich an einer Autopsie teilnehmen und es wurde mir der Aufbau in der Rechtsmedizin erklärt.
Danach war ich bei der Festnahme und anschließenden Durchsuchung der Wohnung eines Drogendealers dabei. Er wurde bei einem durch die Polizei vorgetäuschten Drogenverkauf festgenommen. Hierbei wurde eine zivile Person für den Scheinkauf engagiert. Insgesamt führte der Drogendealer über 200 Gramm Crystal Meth mit sich und in seiner Wohnung wurde ein Taser, Marihuana und eine Pistole der Marke Glock gefunden und sichergestellt.

Die dritte Woche startete für mich mit einem Besuch im Frauengefängnis, hierbei handelte es sich um ein sogenanntes Jail. Dieses Gefängnis ist sehr besonders, weil es wie ein Schulgebäude aussieht. In den USA gibt es zwei verschiedene Arten von Gefängnissen. Ein Jail unterscheidet sich von einem Prison dadurch, dass in diesem Gefängnis die Täter untergebracht sind, die nicht ihr Leben lang im Gefängnis
bleiben müssen. So werden u.a. auch einige Mörder in einem Jail eingesperrt, die bis zu zwanzig Jahren Haft erhalten haben.
Am nächsten Tag durfte ich mit einigen Waffen meines Gastvaters auf dem Polizeischießstand schießen.

Schießtraining

Mein Favorit unter seinen Waffen war die Pumpgun.

Zum Ende der Woche konnte ich mit der Schutzpolizei der Stadt Ramona auf Streife gehen. Diese Stadt ist ca. eine halbe Stunde Fahrzeit von San Diego entfernt und bietet den Anblick einer Cowboy-Stadt, wie man sie aus dem Fernsehen kennt. Das Aufgabenfeld der dortigen Schutzpolizisten ähnelt stark unserem Aufgabengebiet. Jedoch werden Verkehrsunfälle und Alkohol- sowie Drogentests beim Fahrer durch die Traffic Control Teams (Verkehrspolizei) durchgeführt. Ein weiterer großer Unterschied ist, dass die Beamten einen Grund brauchen um ein Fahrzeug zu kontrollieren. So muss bspw. das Rücklicht defekt sein oder der Fahrer ein Stoppschild missachten. Wird ein Fahrzeug ohne Grund kontrolliert, sind alle Maßnahmen unrechtmäßig und der Verwaltungsakt kann nicht geheilt werden.

In den ersten beiden Tagen meiner letzten Aufenthaltswoche ging es für mich hoch in die Lüfte. Ich durfte zum einen mit einer Cessna und zum anderen mit einem Helikopter (Team „Astrea“) auf Streife fliegen. Am Mittwoch begleitete ich die Drug Unit bei der Aufdeckung einer Indoor-Plantage (Marihuana). Dabei haben wir in der Wohnung ca. 100 ausgewachsene Pflanzen sichergestellt. Jedoch droht den Tätern nun nicht unbedingt eine Haftstrafe. Wenn sie beispielsweise noch nicht straffällig geworden sind und Ausreden wie, „ich wusste nicht, dass der Anbau strafbar ist oder ich habe es zu medizinischen Zwecken angebaut“, anführen, können sie mitunter mit einer Geldstrafe davon kommen.

Helicopter Team ASTREA

Ein weiteres Highlight auf dieser Reise war ein Rundgang durch ein ehemaliges Filmstudio. Dieses produziert keine Filme mehr, jedoch können die vorhandenen Requisiten auf diesem Gelände vom Militär und der Polizei zum Einsatztraining genutzt werden. Hier stellen sie u.a. Kriegsgebiete nach, aber auch das Abseilen aus einem Helikopter kann auf diesem Grundstück simuliert werden.

Am Freitag wurde eine Gedenkveranstaltung zu Ehren des verstorbenen Sheriffs von San Diego durchgeführt. Diese Zeremonie wurde recht groß abgehalten. Mehrere Fernsehteams und auch die Zeitungen beteiligten sich daran. Da ich mit meiner Uniform bei dieser Veranstaltung teilnahm, wurde ich auch in der Online-Zeitung von San Diego abgebildet. Zum Abschluss durfte ich mir auch einen Eindruck davon verschaffen, wie organisiert eine Feier zur Pensionierung des stellvertretenen Sheriffs abläuft. Nach diesen Veranstaltungen wurde mir bewusst, dass eine große Ehrung der Beamten in den USA stattfindet, die zum Teil auch der Bevölkerung über die Medien zugänglich gemacht werden.
Natürlich habe ich nicht nur an dienstlichen Veranstaltungen und polizeilichen Einsätzen teilgenommen, sondern auch die Zeit zum Shoppen oder für einen Zoobesuch genutzt. Aufgrund des schönen Wetters konnte ich meine Freizeit am Strand bzw. im Meer beim Schwimmen oder Surfen verbringen.

Mein Ausflug in den Staaten wurde dann noch mit einem Besuch in der US Stadt New York abgerundet. Hier habe ich nicht nur die einzigartigen Sehenswürdigkeiten wie die Freiheitsstatue bestaunt, sondern konnte auch spontan an einer Streifenfahrt mit der Schutzpolizei in Greenwich Village teilnehmen. Hierzu bin ich zu dem dortigen Police Department gegangen und habe den vor Ort angetroffenen Beamten geschildert, dass eine vorherige Terminabsprache für den Besuch nicht mehr möglich war. Nach einer kurzen Überprüfung meines Dienstausweises wurde mir auch schon eine Schutzweste ausgehändigt, wodurch einer Streifenfahrt nichts mehr im Wege stand.

Einen Tag auf Streife in New York (Manhattan – Greenwich Village)

Alles in allem war es die beste Erfahrung die ich je gemacht habe. Die Gastfamilie war einfach klasse und auch die Kollegen waren sehr freundlich und kommunikativ. Mit einigen habe ich auch weiterhin Kontakt. Ich konnte sehr viele Übereinstimmungen in der Polizeistruktur und in den einsatztaktischen Abläufen feststellen. Natürlich gibt es auch Dinge, die ich mir in Deutschland wünschen würde. Darunter zählt z.B. der im Fahrzeug installierte Computer, mit dem man über eine Internetverbindung vor Ort Abfragen vornehmen sowie Berichte schreiben kann. Die verschiedenen Signaltöne des Martinhorns sind ebenfalls für die Bürger besser wahrnehmbar als unsere. Sie sind lauter und zum Teil schriller. Ich kann es jedem Beamten empfehlen solch einen interessanten Schritt zu wagen.

Einen Dank möchte ich auch an die IPA, für die Unterstützung und Hilfe aussprechen, aber auch an meine Kollegen, die für diesen Zeitraum meine Arbeit mit übernommen haben.

Jenny Pawellek
Polizeikommissarin im Polizeirevier Heringsdorf (Insel Usedom)

11.Februar 2016